Falsche Zahlen? DSWV weist Schätzungen der DHS zurück und fordert methodische Transparenz
Ein schwerwiegender Konflikt um die korrekte Darstellung von Umsatzdaten im legalen deutschen Sportwettenmarkt beschäftigt derzeit Fachöffentlichkeit und Branchenvertreter. Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) hat erhebliche Einwände gegen die jüngste Veröffentlichung der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) erhoben.
Verband bezieht sich auf Steuerstatistik des Bundes
Hintergrund ist der Jahresbericht der DHS, in dem der Bruttoumsatz lizenzierter Sportwettenanbieter für das Jahr 2023 auf 12 Milliarden Euro geschätzt wird. Diese Zahl wird vom DSWV als „massiv überhöht“ kritisiert.
Der Verband, der die Interessen der legalen Wettanbieter in Deutschland vertritt, beruft sich auf offizielle Steuerstatistiken des Bundesfinanzministeriums. In Deutschland unterliegt jeder Euro, der in regulierten Sportwetten eingesetzt wird, der Sportwettensteuer in Höhe von 5,3 Prozent. Aus den veröffentlichten Steuereinnahmen lasse sich somit exakt und transparent der Gesamtumsatz der Branche errechnen.
Nach diesen Berechnungen beläuft sich das Marktvolumen im Jahr 2023 auf 7,72 Milliarden Euro – deutlich unter dem von der DHS genannten Betrag. Der Verband verweist zudem auf eine Marktkontraktion um 5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr und bezeichnet die von der DHS angegebene Steigerung von 28,6 Prozent als „absurd“.
Kritik an den Berechnungsmethoden der DHS
Die Differenz von rund 4,3 Milliarden Euro zwischen den Angaben der beiden Seiten hat eine neuerliche Debatte über die methodischen Grundlagen der Datenerhebung ausgelöst.
Bereits in der Vergangenheit war die DHS in der Branche für ihre Schätzverfahren kritisiert worden. Der DSWV und weitere Branchenexperten äußerten wiederholt Zweifel an den Quellen und Modellannahmen, mit denen die Hauptstelle ihre Zahlen generiert.
Insbesondere die Rolle der beiden verantwortlichen Wissenschaftler, der Bremer Psychologen Hans Hayer und Gerhard Meyer, steht dabei im Fokus. Diese hatten in mehreren Studien Beiträge zur Suchtforschung im Glücksspielbereich geleistet, werden vom DSWV jedoch wegen mangelnder Trennschärfe zwischen legalen und illegalen Märkten hinterfragt.
Wird der Schwarzmarkt eingerechnet?
Ein zentraler Punkt der aktuellen Auseinandersetzung ist die Frage, ob die von der DHS veröffentlichte Umsatzschätzung möglicherweise auch Einsätze aus dem nicht-regulierten, illegalen Marktsegment mit einbezieht – ohne dies ausdrücklich kenntlich zu machen.
Die Differenz in Höhe mehrerer Milliarden Euro könnte nach Einschätzung des DSWV auf eine solche Mitberücksichtigung hindeuten. In einer offiziellen Erklärung heißt es:
„Die logische Konsequenz kann eigentlich nur sein: Die Differenz repräsentiert offensichtlich den illegalen Schwarzmarkt, den die DHS durch ihre Berechnungen erstmals beziffert.“
Sollte das jedoch nicht der Fall sein, fordert der Verband eine umgehende Korrektur der veröffentlichten Zahlen.
Auswirkungen auf öffentliche Wahrnehmung und Regulierung
Der DSWV warnt vor weitreichenden Konsequenzen fehlerhafter Angaben. Nicht nur werde dadurch das Image legaler Anbieter beschädigt, auch die politische und behördliche Wahrnehmung des Glücksspielmarkts gerate in Schieflage. Regulierungsansätze, Gesetzesinitiativen und verbraucherschützende Maßnahmen basierten maßgeblich auf Daten, die verlässlich und nachvollziehbar sein müssten.
Fehlinformationen dieser Größenordnung schadeten der Glaubwürdigkeit aller Beteiligten und dienten letztlich nur denen, die im Schatten der Illegalität operieren, fasst der Verband zusammen.
Appell an Wissenschaft und Politik
Der Sportwettenverband plädiert in seinem Fazit für mehr methodische Offenheit und fachliche Verantwortung im Umgang mit Marktdaten. Die DHS und ihre Autoren seien in der Pflicht, ihre Zahlenbasis offenzulegen und etwaige Unschärfen in ihrer Methodik transparent zu machen.
Eine Antwort der DHS auf die Vorwürfe steht bislang aus. Ob sich die Suchtforscher zur Debatte äußern und eine Klärung herbeiführen, bleibt abzuwarten.
Quellen
Deutscher Sportwettenverband (DSWV)
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