Unklare Spielregeln könnten für die Österreichischen Lotterien zu hohen Verlusten führen
Ein unglücklich formulierter Satz sorgt bei den Österreichischen Lotterien für eine noch nie dagewesene rechtliche Auseinandersetzung. Statt der ursprünglich vorgesehenen zwei Hauptgewinner bestehen nun 200 Losbesitzer auf ihre Auszahlung – jeder in Höhe von 60.000 Euro. Sollte die Forderung durchgesetzt werden, könnte dies die Lotterien bis zu 12 Millionen Euro kosten.
Das Problem: Eine missverständliche Gewinnbedingung
Die betroffene Rubbellos-Serie 446 trägt den vielversprechenden Namen „1 Jahr Weihnachten!“ und wurde rund um den Jahreswechsel 2023/24 verkauft. Jedes Los kostete 3 Euro, der Hauptgewinn belief sich auf 5.000 Euro pro Monat für ein Jahr, insgesamt also 60.000 Euro.
Doch eine missverständliche Formulierung in den Spielregeln öffnete die Tür für eine alternative Interpretation. Statt einer eindeutigen Bedingung für den Hauptgewinn hieß es:
„Finden Sie 3x das Geldschein-Symbol '5000', gewinnen Sie EUR 5.000,- monatlich, 1 Jahr lang!“.
Das Problem: Es fehlte der Zusatz „pro Spiel“, obwohl auf jedem Los zwei separate Spielfelder vorhanden waren. Viele Spieler sahen dies als Gelegenheit, die Symbole über beide Spielfelder hinweg zu summieren – und reklamierten den Hauptgewinn für sich.
Gericht urteilt gegen die Lotterien
Die Lotterien bestanden darauf, dass der Gewinn nur gültig sei, wenn die drei „5000er“-Symbole in einem einzigen Spielfeld auftraten. Doch das sah das Gericht anders. Bereits ein erster Kläger gewann seine Klage und die Österreichischen Lotterien mussten 60.000 Euro auszahlen.
Die Richterin begründete ihr Urteil mit der klaren Erwartung an einen professionellen Glücksspielanbieter:
„Von einer professionellen Spielanbieterin erwartet der durchschnittliche Erklärungsempfänger eine besondere Genauigkeit und Klarheit beim Verfassen der Spielbedingungen.“
Dieses Urteil hat nun eine Kettenreaktion ausgelöst. 200 weitere Kläger haben sich zusammengeschlossen, um ebenfalls ihren Anspruch geltend zu machen.
Reaktion der Lotterien: Milliardenschaden droht
Die Lotterien argumentieren, dass nach dieser Interpretation bis zu 270.000 Lose den Hauptgewinn erzielt haben könnten. Eine Auszahlung an alle potenziellen Gewinner würde die Lotterien bis zu 16 Milliarden Euro kosten – eine untragbare Summe.
Daher haben die Lotterien ihre Strategie geändert: Sie sprechen nun von einem „offensichtlichen Erklärungsirrtum“ und bieten statt der 60.000 Euro lediglich eine Rückerstattung des Kaufpreises in Höhe von 3 Euro an.
Missbrauch der Situation? Verdachtsfälle häufen sich
Die Situation wird zusätzlich durch Berichte über auffällige Gewinnforderungen verkompliziert. In einem Fall besaß ein Kläger sechs Lose mit angeblichem Hauptgewinn und forderte 360.000 Euro – obwohl die Lotterien ursprünglich nur zwei Hauptpreise eingeplant hatten.
Ein Sprecher der Lotterien bezeichnete dies als „unredliches Geschäftsmodell“, da sich manche Kläger offenbar gezielt Vorteile aus der Situation verschaffen wollen.
Die Rechtslage bleibt unklar, und die nächsten Gerichtsverfahren werden entscheidend sein. Anwalt Oliver Peschel, der bereits 180 Kläger vertritt, zeigt sich optimistisch:
„Die Spielbedingungen sind missverständlich formuliert, und das Gericht hat dies bereits bestätigt. Ich rechne mit weiteren positiven Urteilen für meine Mandanten.“
Ein weiteres Urteil wird im März 2025 erwartet. Sollte der Kläger erneut gewinnen, könnte dies eine Welle weiterer Klagen nach sich ziehen und tiefgreifende Konsequenzen für die gesamte Glücksspielbranche haben.
Eine scheinbar kleine Unachtsamkeit mit enormen Konsequenzen
Der Fall zeigt, wie entscheidend präzise Formulierungen in Glücksspielbedingungen sind. Ein fehlender Zusatz hat dazu geführt, dass die Lotterien mit einem der größten Rechtsstreitigkeiten in ihrer Geschichte konfrontiert sind.
Ob sich die Kläger letztendlich durchsetzen oder die Lotterien ihre Verluste begrenzen können, bleibt abzuwarten. Doch eines ist sicher: Die Glücksspielbranche wird aus diesem Fall Lehren ziehen müssen, um künftige Missverständnisse dieser Art zu vermeiden.
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