Mit dem Ende der Programme für unter 18-Jährige verliert Großbritannien ein zentrales Element im Kampf gegen Jugend-Glücksspielsucht
Die britische Organisation GamCare, bekannt für ihre führende Rolle im Bereich der Spielsuchtprävention, wird ab Herbst 2025 keine spezifischen Programme für Jugendliche unter 18 Jahren mehr anbieten. Diese Entscheidung markiert eine einschneidende Veränderung in der britischen Präventionslandschaft – nicht nur inhaltlich, sondern auch symbolisch.
Von Reichweite zu Rückzug: Ein etabliertes Programm verschwindet
Hintergrund ist die mangelnde nachhaltige Finanzierung, wie die Organisation mitteilt. Die bisher bereitgestellten Mittel für das seit über fünf Jahren bestehende Programm zur Schadensprävention bei jungen Menschen konnten nicht länger gesichert werden. In der offiziellen Erklärung heißt es:
„GamCare hat die schwierige Entscheidung getroffen, seine Angebote für junge Menschen Ende September 2025 einzustellen.“
Seit dem Start des „Young People’s Programme“ hat GamCare mehr als eine Viertelmillion Kinder und Jugendliche sowie deren Familien und Fachkräfte erreicht. Workshops in Schulen, Veranstaltungen in Jugendzentren sowie Aufklärungsmaterialien gehörten ebenso zum Repertoire wie spezialisierte Beratung für betroffene junge Menschen.
Diese strukturierte Arbeit wird nun zum 30. September 2025 beendet. Für viele Fachleute ist das ein herber Rückschlag: Die Programme galten nicht nur als niedrigschwellig, sondern auch als gut vernetzt mit lokalen Institutionen und Schulen.
Einführung der RET-Abgabe – aber GamCare geht leer aus
Ironischerweise fällt das Ende des Jugendprogramms mit der Einführung der gesetzlichen RET-Abgabe (Research, Education and Treatment Levy) zusammen, die am 1. April 2025 in Kraft getreten ist.
Ziel dieser Abgabe ist es, Glücksspielanbieter zur Mitfinanzierung von Prävention, Forschung und Behandlung zu verpflichten. Die Struktur der Abgabe sieht eine jährliche Verteilung von bis zu 100 Millionen Pfund vor:
- 50 % für Behandlungsangebote unter der Führung des NHS
- 30 % für präventive Maßnahmen durch das OHID
- 20 % für Forschung durch Institutionen wie UKRI
Trotz dieser Finanzierungsperspektive erklärt GamCare, dass keine kurzfristige Sicherstellung der Mittel für das Jugendprogramm möglich sei. Das verdeutlicht strukturelle Schwächen im Übergang von der freiwilligen zur gesetzlichen Finanzierung.
Unterstützungsstruktur bleibt – mit Einschränkungen
Während die spezialisierten Jugendprogramme auslaufen, wird die allgemeine Unterstützung durch GamCare fortgesetzt. Die nationale Glücksspiel-Hotline (0808 8020 133) und der Live-Chat stehen weiterhin rund um die Uhr zur Verfügung – auch für Minderjährige.
Darüber hinaus wird der GamCare Youth Advisory Board, ein beratendes Gremium aus jungen Menschen, beibehalten. Dessen Aufgabe ist es, jugendrelevante Themen innerhalb der Organisation präsent zu halten und in künftige Planungen einzubringen.
Bildungsarbeit wird fortgesetzt – aber nicht durch GamCare
Trotz des Rückzugs bleibt die Glücksspielsuchtprävention für junge Menschen nicht ohne Träger. Der Young Gamers and Gamblers Education Trust (YGAM) wird weiterhin aktiv bleiben und Bildungsarbeit für Kinder und junge Erwachsene im Alter von 7 bis 24 Jahren leisten.
YGAM setzt auf wissenschaftlich fundierte Programme und arbeitet eng mit Schulen, Elterninitiativen sowie pädagogischen Fachkräften zusammen. Damit fängt die Organisation einen Teil der entstehenden Versorgungslücke auf – allerdings ohne den flächendeckenden Ansatz von GamCare vollständig ersetzen zu können.
Neue Leitung bei GamCare: Strategiewechsel im Blick
Im Zuge dieser Umstrukturierung tritt auch ein Führungswechsel bei GamCare ein. Ab 2025 übernimmt Victoria Corbishley, ehemalige Direktorin des Britischen Roten Kreuzes, die Rolle der Geschäftsführerin.
Mit ihr beginnt ein neues Kapitel für die Organisation – eines, das stärker auf Erwachsenenunterstützung, psychische Gesundheit und öffentliche Bewusstseinsarbeit ausgerichtet sein dürfte.
Die neue Leitung fällt in eine Zeit, in der viele Organisationen der dritten Säule in Großbritannien ihre Rolle im neuen staatlich geprägten Finanzierungssystem neu definieren müssen.
Stimmen aus dem Sektor: Sorge um Präventionslücke
Die Entscheidung stößt nicht überall auf Verständnis. Zahlreiche Stimmen aus dem gemeinnützigen Sektor sowie der Bildungspolitik kritisieren, dass das neue Abgabensystem offenbar nicht in der Lage ist, bestehende Programme lückenlos weiterzuführen.
Insbesondere die Abhängigkeit kleinerer Organisationen von klaren und zeitnahen Finanzierungszusagen bleibt ein Risikofaktor. Gleichzeitig unterstreichen Fachleute, dass frühe Prävention bei Jugendlichen entscheidend ist, um problematisches Spielverhalten gar nicht erst entstehen zu lassen.
Ein Signal mit Tragweite
Die bevorstehende Beendigung der GamCare-Angebote für unter 18-Jährige ist mehr als nur ein organisatorischer Schnitt. Sie markiert eine Zäsur in der Jugendpräventionsarbeit gegen Spielsucht im Vereinigten Königreich. Ob andere Organisationen die entstehende Lücke vollständig schließen können, bleibt abzuwarten.
Klar ist jedoch: Der Bedarf bleibt bestehen – und mit ihm die Verantwortung von Staat, Gesellschaft und Branche, wirksame Schutzmechanismen für junge Menschen sicherzustellen.
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