Behördlicher Eklat oder notwendige Maßnahme? Bet3000 kritisiert die GGL scharf
Ein offener Brief der BET3000-Gruppe hat im Frühjahr 2025 eine Welle der Diskussionen innerhalb der Glücksspielbranche ausgelöst. Adressiert an die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), erhebt die Geschäftsführerin der Verwaltungsfirma der Gruppe, Melina Borisic, eine Reihe teils schwerwiegender Anschuldigungen gegen die staatliche Aufsicht.
Keine Frist, kein Gespräch – stattdessen juristische Eskalation
Kern des Schreibens ist der Vorwurf eines unvermittelten Lizenzentzugs, den BET3000 am 25. Juli 2024 erlitten hatte. Grundlage waren laut GGL technische Verstöße im Online-Bereich aus dem Vorjahr.
Die Maßnahme traf den Anbieter überraschend – insbesondere, weil nach Angaben des Unternehmens alle technischen Unregelmäßigkeiten zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits vollständig behoben waren. Borisic beschreibt den Vorgang:
„Von heute auf morgen. Ohne Vorwarnung.“
Die Maßnahme sei nicht nur intransparent, sondern laut BET3000 auch rechtlich fragwürdig. Die Behörde, so der zentrale Vorwurf, habe keine Dialogbereitschaft gezeigt, obwohl BET3000 von Beginn an zur Klärung der Sachlage bereit gewesen sei.
Laut Glücksspielstaatsvertrag ist bei technischen Mängeln ein abgestuftes Verfahren vorgesehen: zunächst eine Beanstandung, anschließend eine Frist zur Behebung. Diese Schritte seien jedoch unterblieben. Stattdessen habe die GGL sofort den Lizenzentzug verfügt – inklusive Entfernung von der Whitelist und der Anweisung zur sofortigen Einstellung des Betriebs, auch im stationären Bereich.
Simon Springer, Direktor der IBA Entertainment Ltd., äußerte sich dazu:
„Nach Gesprächen mit mehreren spezialisierten Anwaltskanzleien sind wir davon überzeugt, alsbald eine positive Wendung erreichen zu können. (…) Der einzige Vorwurf bezieht sich auf eine temporäre technische Einschränkung, die längst behoben war.“
BET3000 leitete in der Folge umfassende rechtliche Schritte ein, darunter eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Halle, ein Eilantrag, eine Amtshaftungsklage sowie eine Fachaufsichtsbeschwerde. Auch eine parlamentarische Kontrolle wird inzwischen erwogen.
Analyse, Kommunikation, Ignoranz? – Die umstrittene Rolle der GGL
Besonders scharf fällt die Kritik an der kommunikativen Haltung der Behörde aus. Borisic schildert, wie das Unternehmen der GGL am 19. Februar 2025 zwei Ordner mit mehr als 600 Seiten technischer Dokumentation übermittelte – eine freiwillige Leistung, die Fehlerauswertungen, Verbesserungsvorschläge und Markteinschätzungen enthielt.
Die Reaktion der GGL? Keine. Kein Feedback, keine inhaltliche Rückmeldung – stattdessen, so Borisic, erschien Wochen später ein Dokument der GGL mit dem Titel „Technische Erwartungshaltung“, das sich in Formulierungen und Aufbau stark an die eingereichten Inhalte anlehne. Ein direkter Verweis auf die Quelle: Fehlanzeige. Im Schreiben des Wettanbieters heißt es nicht ohne Hohn:
„Die GGL hat unsere Arbeit stillschweigend übernommen, ohne Anerkennung, ohne Rücksprache – so etwas ist ein Bruch des professionellen Miteinanders. Es fehlte nur noch das BET3000-Logo auf dem Deckblatt.“
Als das Unternehmen die Rückgabe der eingereichten Unterlagen forderte, lehnte die GGL diese zunächst ab – mit der Begründung, man sei davon ausgegangen, die Ordner dauerhaft behalten zu dürfen.
Stationäre Rückkehr durch gerichtliche Zwischenentscheidung
Ein Teilerfolg gelang dem Unternehmen wenige Wochen später: Im Rahmen eines Eilverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg erreichte IBA Entertainment, dass der stationäre Betrieb der Wettbüros wieder aufgenommen werden darf.
Seit dem 6. August 2024 ist das Unternehmen wieder in der Whitelist gelistet – jedoch ausschließlich mit Bezug auf sein terrestrisches Angebot. Die Online-Plattform bleibt weiterhin abgeschaltet.
Ein Unternehmenssprecher kommentierte: „Das Gericht hat bisher nur eine vorläufige Abwägung vorgenommen, in der Sache noch nicht entschieden. Aber es erkennt an, dass unser stationäres Angebot unabhängig vom Online-Bereich bewertet werden muss.“
Rund 1.000 Arbeitsplätze konnten durch diese Entscheidung vorerst gesichert werden.
Wirtschaftlicher Schaden und strukturelle Fragen
Nach Angaben von BET3000 hat der Lizenzentzug bereits mehr als 55 Millionen Euro an Steuereinnahmen für den deutschen Staat verhindert. Neben der Sportwettsteuer betreffe dies auch Gewerbesteuern und Einkommenssteuer von Beschäftigten.
Diese Verluste wiegen umso schwerer, da BET3000 laut eigenen Angaben nach Tipico zu den größten Steuerzahlern der Branche zählt. Borisic kritisiert:
„Wir sind kein windiger Marktteilnehmer. Wir stehen für Integrität und Gesetzestreue – und trotzdem trifft uns die volle Härte der Verwaltung.“
Das Unternehmen beschäftigt rund 1.500 Mitarbeiter in Deutschland und verweist auf eine über 40-jährige Markthistorie. Der Eindruck, der bleibt: BET3000 sieht sich zu Unrecht kriminalisiert, während andere, womöglich problematischere Anbieter unbehelligt bleiben.
Ein Fall mit Signalwirkung
Der Fall BET3000 ist mehr als ein Einzelkonflikt zwischen Anbieter und Regulierer. Er wirft grundsätzliche Fragen darüber auf, wie Glücksspielregulierung in Deutschland funktioniert – und wie sie funktionieren sollte.
Borisic bringt es auf den Punkt: „Wir erwarten keine Sonderbehandlung. Nur eins: Rechtsstaatlichkeit. Transparenz. Professionalität. Respekt.“
Die kommenden Monate dürften zeigen, ob die Justiz dem Anbieter Recht gibt – oder ob die Position der GGL Bestand hat. Fest steht: Das Vertrauen zwischen Markt und Behörde wurde erschüttert.
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