Trotz schärferer Gesetze steigt die Nutzung nicht lizenzierter Glücksspielseiten in Belgien rasant an
Die belgische Glücksspielpolitik steht vor einer paradoxen Herausforderung. Trotz – oder gerade wegen – verschärfter regulatorischer Maßnahmen nimmt die Nutzung illegaler Glücksspielangebote spürbar zu. Eine aktuelle Analyse im Auftrag der Belgischen Vereinigung lizenzierter Glücksspielanbieter (BAGO) macht deutlich, dass gut gemeinte Gesetzesänderungen unbeabsichtigte Folgen nach sich ziehen.
Ein Viertel der Spieler verlässt den regulierten Markt
Ein beträchtlicher Teil der Spielerschaft orientiert sich zunehmend in Richtung unregulierter Online-Plattformen, die außerhalb des gesetzlichen Rahmens agieren. Zentrale Erkenntnis der Studie: 25 Prozent aller belgischen Glücksspielkunden nutzen regelmäßig nicht lizenzierte Anbieter.
Die Zahl ist nicht nur hoch, sie stellt vor allem aus Sicht des Verbraucherschutzes ein erhebliches Risiko dar. Anders als legale Betreiber unterliegen diese Plattformen weder staatlicher Aufsicht noch verpflichtenden Schutzmaßnahmen.
Besonders deutlich ist der Trend bei jungen Männern zwischen 18 und 21 Jahren. Trotz der gesetzlichen Altersgrenze, die seit 2021 ein Glücksspiel erst ab 21 erlaubt, geben 65 Prozent der Befragten in dieser Altersgruppe an, regelmäßig illegale Seiten zu nutzen – ein Anstieg um 15 Prozentpunkte seit Einführung der Regelung.
Verstärkte Schutzgesetze mit unerwarteten Nebenwirkungen
Die Anpassung des Glücksspielrechts sollte ursprünglich dazu beitragen, gefährdete Zielgruppen besser zu schützen. Im Rahmen dieser Initiative wurden nicht nur Altersgrenzen angepasst, sondern auch Bonusangebote verboten sowie das Sponsoring im Profisport durch Glücksspielunternehmen untersagt.
Die belgische Glücksspielaufsicht KSC setzte diese Maßnahmen konsequent um, doch wie die aktuellen Zahlen nahelegen, haben sich die erhofften positiven Effekte bislang nicht eingestellt.
Im Gegenteil: Die Maßnahmen haben offenbar dazu geführt, dass insbesondere jüngere Spieler auf nicht regulierte, meist ausländische Anbieter ausweichen, deren Angebote leicht zugänglich und kaum kontrolliert sind.
Ein besonders brisantes Detail betrifft Spieler, die sich selbst vom Glücksspiel ausgeschlossen haben – etwa über das EPIS-System, eine zentrale Datenbank für gesperrte Personen. Laut BAGO haben 47 Prozent dieser Personen den Weg zurück zum Glücksspiel gefunden, in fast allen Fällen über illegale Plattformen.
Illegale Anbieter umgehen zentrale Schutzmechanismen
Die Risiken dieser Entwicklung sind vielfältig: Auf nicht lizenzierten Plattformen fehlt es an grundlegenden Sicherheitsstandards wie Altersverifizierung, Einzahlungslimits, Verhaltenskontrollen und automatischer Sperrung gesperrter Spieler.
Zudem berichten Behörden von einem zunehmenden Risiko für finanziellen Betrug und Spielsucht, da diese Angebote meist auch keinerlei Transparenz über Spielbedingungen oder Gewinnauszahlungen bieten.
Ein weiterer Aspekt ist die gezielte Werbung illegaler Anbieter in sozialen Medien, insbesondere über Plattformen wie TikTok oder Instagram. Diese Marketingmaßnahmen richten sich in erster Linie an jüngere Zielgruppen und verharmlosen das Glücksspiel, indem sie es als unterhaltsamen Zeitvertreib inszenieren.
Branchenverband fordert neue politische Strategie
Angesichts der Entwicklungen fordert der Branchenverband BAGO ein rasches politisches Umdenken. Die Organisation unterstützt die bevorstehende Koalitionsvereinbarung der belgischen Regierung, die ab Juli 2025 umgesetzt werden soll.
Ziel ist es, den Regulierungsrahmen zu überarbeiten und die Stellung der Glücksspielkommission zu stärken. Emmanuel Mewissen, Vizepräsident von BAGO, betont:
„Nur eine moderne, gut ausgestattete Aufsichtsbehörde kann wirksam gegen illegale Anbieter vorgehen und gleichzeitig einen funktionierenden legalen Markt sicherstellen.“
Auch Tom De Clercq, Vorsitzender des Verbands, äußert sich klar:
„Wenn wir weiterhin zusehen, wie sich immer mehr Spieler unkontrollierten Angeboten zuwenden, verlieren wir die Kontrolle über unsere eigene Glücksspielwirtschaft.“
Regulierung muss gezielter ansetzen
Die belgische Glücksspielpolitik steht damit an einem Scheideweg. Zwar sind die gesetzlichen Grundlagen zur Bekämpfung von Spielsucht und illegalen Machenschaften vorhanden – doch deren praktische Wirksamkeit ist begrenzt, solange der Vollzug nicht mitzieht.
Entscheidend wird sein, ob die angekündigten Reformen in der Lage sind, eine Balance zwischen Schutz und Attraktivität des legalen Angebots zu finden. Ohne ein zeitgemäßes, technologisch gestütztes und international abgestimmtes Vorgehen, so der Tenor aus Branche und Politik, könnte sich der Trend hin zu unregulierten Glücksspielmärkten weiter verstärken – mit weitreichenden Folgen für die Gesellschaft, den Konsumentenschutz und die staatlichen Einnahmen.
Quelle
Belgian Association of Gaming Operators (BAGO)
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