Mit dem Kauf von Tipico stärkt Banijay seine Präsenz im europäischen Glücksspielmarkt massiv
Die französische Banijay-Gruppe, einer der größten internationalen Akteure in der Entertainment- und Medienbranche, treibt ihre Expansion im digitalen Glücksspielmarkt weiter voran. Das Unternehmen übernimmt den deutschen Sportwettenanbieter Tipico vom Finanzinvestor CVC Capital Partners. Zeitgleich sollen Tipico und Banijays bestehende Marke Betclic zu einem neuen europäischen Marktführer im Bereich Sportwetten und Online-Gaming zusammengeführt werden.
Ein Milliardendeal mit strategischer Bedeutung
Nach Angaben der beteiligten Parteien beträgt der Unternehmenswert von Tipico einschließlich Schulden 4,6 Milliarden Euro. Für Betclic wurde ein Wert von 4,8 Milliarden Euro angesetzt.
Banijay erwirbt die Mehrheit der CVC-Anteile an Tipico gegen Zahlung eines Milliardenbetrags in bar. Alle bisherigen Eigentümer, darunter die Gründer von Betclic und Tipico, bleiben weiterhin an dem neuen Konzern beteiligt.
Mit dem Zusammenschluss entsteht ein Unternehmen, das in sechs regulierten Märkten aktiv ist, jährlich mehr als 6,5 Millionen Kunden bedient und in Deutschland sowie Österreich über 1.250 Standorte betreibt.
Für Banijay ist die Übernahme von Tipico ein zentraler Schritt in der Wachstumsstrategie, die das Unternehmen im Mai 2025 vorgestellt hat. Ziel ist es, die Einnahmequellen stärker zu diversifizieren und die Gaming-Sparte als zweite tragende Säule neben dem traditionellen Fernseh- und Livegeschäft zu etablieren.
Nach der Transaktion wird Banijay Gaming die Marken Betclic, Tipico und Admiral vereinen. Gemeinsam erzielten diese Unternehmen im Jahr 2024 einen pro-forma Umsatz von rund 3 Milliarden Euro.
Das bereinigte EBITDA belief sich auf 854 Millionen Euro, der Free Cashflow auf 716 Millionen Euro. Damit verdoppelt Banijay den Ertrag der Sparte innerhalb eines Jahres.
Konzernweit würde der Umsatz laut pro-forma Berechnung auf 6,4 Milliarden Euro steigen, das bereinigte EBITDA auf 1,4 Milliarden Euro. Der Anteil des Gaming-Segments am Gesamtumsatz erhöht sich von 30 auf 47 Prozent, während Entertainment und Live-Veranstaltungen künftig 53 Prozent ausmachen.
Führende Marktstellung in Europa
Der neue Verbund ist künftig in Deutschland, Frankreich, Portugal, Österreich, Polen und der Elfenbeinküste tätig. In diesen Ländern zählt die Gruppe zu den führenden Anbietern von Online-Sportwetten.
Tipico ist in Deutschland Marktführer und beschäftigt über 3.800 Mitarbeiter. Zusammen mit den Franchisepartnern arbeiten rund 6.800 Menschen in über 1.250 Filialen.
Das Unternehmen erwirtschaftete 2024 einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro und stärkte seine Position im September 2025 durch die Übernahme der österreichischen Marke Admiral, die einen Umsatz von 346 Millionen Euro beisteuerte.
Betclic ist in Frankreich, Portugal, Polen und der Elfenbeinküste stark vertreten. Das Unternehmen erzielte 2024 einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro.
Mit der Verbindung dieser beiden Anbieter entsteht ein europäisches Netzwerk mit ausgewogener geografischer Präsenz und einer Kombination aus digitaler Kompetenz und physischer Marktstärke.
Klare Eigentümerstruktur und Finanzierung
Nach Abschluss der Transaktion wird Banijay etwa 65 Prozent des kombinierten Unternehmens halten. Über vereinbarte Kaufoptionen soll der Anteil mittelfristig auf mindestens 72 Prozent steigen. Die restlichen 35,1 Prozent verbleiben bei CVC, den Gründern von Betclic und Tipico sowie Mitgliedern des Managements.
Die Transaktion wird über ein zugesichertes Finanzierungspaket in Höhe von 3 Milliarden Euro ermöglicht. Dieses Paket umfasst auch die Refinanzierung der bestehenden Schulden von Tipico und wird von den wichtigsten Finanzierungspartnern von Betclic getragen.
Banijay plant, die Verschuldungsquote von anfänglich 3,5 Mal EBITDA innerhalb von drei Jahren auf unter 2,5 zu senken. Der starke Cashflow aus dem gemeinsamen Geschäft soll sowohl die Entschuldung als auch die Ausweitung der Beteiligung unterstützen.
Synergien in Höhe von 100 Millionen Euro erwartet
Banijay geht davon aus, dass durch die Integration von Tipico und Betclic jährlich rund 100 Millionen Euro an Synergien realisiert werden können. Diese ergeben sich aus Kosteneinsparungen, Umsatzsteigerungen und Effizienzgewinnen.
Das Unternehmen will Innovationszyklen verkürzen, Produktentwicklungen beschleunigen und gemeinsame IT- und Cloud-Infrastrukturen nutzen. Auch in der Beschaffung sollen durch gebündelte Volumina Skaleneffekte erzielt werden.
Die Integration soll in zwei Phasen erfolgen. Zunächst steht die Stabilisierung des operativen Geschäfts im Vordergrund, danach die Harmonisierung der Systeme und Prozesse. Lokale Plattformen bleiben dabei bestehen und werden in eine gemeinsame technische Architektur eingebunden.
Führungswechsel und Kontinuität im Management
Mit Wirkung zum 1. Januar 2026 wird Nicolas Béraud, Gründer und derzeitiger CEO von Betclic, den Vorsitz des Verwaltungsrats von Banijay Gaming übernehmen. Die Lov Group Invest behält die Rolle des Präsidenten. Julien Brun, bislang COO von Betclic, wird neuer CEO von Betclic.
Joachim Baca, ehemaliger CEO von Tipico, übernimmt den stellvertretenden Vorsitz des Verwaltungsrats. Axel Hefer bleibt CEO von Tipico und verantwortet weiterhin das operative Geschäft in Deutschland und Österreich.
Stéphane Courbit, Präsident der Lov Group Invest, nannte die Transaktion einen Meilenstein:
„Die Geschichte von Banijay ist eine Geschichte des Wachstums und der Expansion. Die Übernahme von Tipico stärkt unsere Rolle als führende Kraft in der europäischen Sportwetten- und Gaming-Industrie.“
François Riahi, CEO der Banijay-Gruppe, erklärte:
„Tipico passt perfekt in unsere Strategie. Das Unternehmen ist Marktführer in zwei regulierten Märkten, verfügt über eine starke Marke und eine hohe Profitabilität. Mit diesem Schritt verschaffen wir uns im Gaming-Sektor dieselbe Stärke, die wir im Entertainment bereits aufgebaut haben.“
Nicolas Béraud, Gründer von Betclic, betonte die Bedeutung des Zusammenschlusses:
„Durch die Kombination von Betclic, Tipico und Admiral entsteht ein neuer europäischer Champion, der Innovation, Wachstum und verantwortungsvolles Gaming miteinander verbindet.“
Die Transaktion steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zuständigen Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden. Das Closing wird für Mitte 2026 erwartet.
Zur Vermeidung von Überschneidungen wird Betclic seinen 53,9-prozentigen Anteil an der Bet-at-home.com AG verkaufen. Damit schafft das Unternehmen klare Marktstrukturen und erfüllt kartellrechtliche Anforderungen.
Juristische Risiken in Deutschland
Unabhängig von der Transaktion ist Tipico derzeit in mehrere Verfahren in Deutschland eingebunden. Hintergrund sind Klagen von Kunden, die Verluste aus Wetten aus der Zeit vor der Erteilung deutscher Lizenzen im Jahr 2020 zurückfordern.
Schätzungen zufolge geht es um Streitwerte in Höhe von über 20 Milliarden Euro in der gesamten Branche. Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Rückerstattung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Ein Urteil steht noch aus.
Tipico-CEO Axel Hefer erklärte, man habe „nach geltendem EU-Recht gehandelt“. Sollte der Europäische Gerichtshof anders entscheiden, werde das Unternehmen Rückzahlungen leisten. Hefer bezeichnete die Verfahren als „Altlasten“ und stellte klar, dass die finanziellen Risiken von den Eigentümern getragen werden.
Banijay stärkt zweite Säule des Konzerns
Die Übernahme von Tipico ist für Banijay der größte Zukauf der Unternehmensgeschichte. Sie markiert einen Wendepunkt in der strategischen Entwicklung des Konzerns.
Während Banijay bisher vor allem für Fernsehproduktionen wie „Big Brother“ und „Wer wird Millionär?“ bekannt war, gewinnt das Geschäft mit Online-Sportwetten und Gaming zunehmend an Gewicht.
Mit der Integration von Tipico und Betclic entsteht ein Unternehmen, das wirtschaftlich ebenso stark im Gaming-Segment ist wie im klassischen Entertainment. Die neue Struktur sorgt für eine ausgewogenere Umsatzverteilung und erhöht die Stabilität gegenüber Marktschwankungen im TV-Geschäft.
Banijay investiert mit dem Kauf von Tipico in einen Markt, der trotz regulatorischer Hürden hohes Wachstumspotenzial bietet. Der Konzern positioniert sich als führender Anbieter in Europa und stärkt zugleich seine Profitabilität. Mit einem Umsatz von über 6 Milliarden Euro, einer EBITDA-Marge von mehr als 21 Prozent und einem klaren Expansionskurs setzt Banijay ein deutliches Signal für die Zukunft.
Quelle & Bildquelle
https://www.tipico-group.com/press/banijay-erwirbt-mehrheitsbeteiligung-an-tipico-und-staerkt-damit-fuehrungsposition-im-bereich-sportwetten-und-online-gaming/



