Eine Studie beleuchtet die Gründe für die deutlichen Abweichungen zwischen Erhebungen zur Spielsuchtprävalenz
Wie stark Befragte ihre eigenen Glücksspielprobleme angeben, hängt nicht nur vomm tatsächlichen Spielverhalten ab, sondern auch davon, wie die Fragen gestellt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung, die die britische Glücksspielaufsicht (UK Gambling Commission, UKGC) in Auftrag gegeben hat.
Professor Patrick Sturgis testete verschiedene Erhebungsformen in einem kontrollierten Experiment und stellte fest: Anonymität und Befragungskontext können die Resultate spürbar verändern.
Drei zentrale Prüfsteine im Experiment
Im Mittelpunkt der Untersuchung standen drei Elemente des Umfragedesigns: Erstens, ob in der Einladung das Thema Glücksspiel ausdrücklich genannt wird. Zweitens, ob Befragte ihre Antworten in Anwesenheit eines Interviewers oder alleine online abgeben.
Drittens, ob eine kurze Standardliste oder eine ausführliche Liste mit verschiedenen Glücksspielarten genutzt wird. Das zentrale Messwerkzeug war der Problem Gambling Severity Index (PGSI), ein international gebräuchlicher Fragenkatalog mit neun Items.
Er ordnet ein, ob und wie ausgeprägt problematisches Spielverhalten ist. Schon ein Punkt bedeutet, dass eine Person in gewissem Umfang riskant spielt, während null Punkte darauf hinweisen, dass keinerlei Anzeichen vorliegen.
Höhere Zahlen bei anonymen Online-Umfragen
Wurde Glücksspiel in der Einladung ausdrücklich erwähnt, lag die Quote derer, die im letzten Jahr gespielt haben, um 4 Prozentpunkte höher als bei einer neutralen Einladung. Das heißt konkret, dass in einer Gruppe mit neutraler Einladung zum Beispiel 50 von 100 angaben, gespielt zu haben, gegenüber 54 von 100 bei klarer Themennennung.
Beim PGSI-Wert ab 1 betrug der Unterschied 2 Prozentpunkte. Dieser Wert war jedoch statistisch nicht signifikant. Noch stärker war der Effekt beim Befragungsmodus. Befragte, die den Fragebogen anonym online ausfüllten, berichteten deutlich häufiger von problematischem Spielen als Personen, die telefonisch mit einer interviewenden Person sprachen.
Auch hier lag der Unterschied bei etwa 4 Prozentpunkten, was einem Anstieg um fast die Hälfte entspricht. Die Länge der abgefragten Glücksspielarten hatte nur geringe Bedeutung. Eine längere Liste führte zu 2 Prozentpunkten mehr bei der Teilnahmequote, beim PGSI-Wert gab es keinerlei Unterschied.
Leitlinien sollen überarbeitet werden
Die UKGC interpretiert die Studienergebnisse als wichtigen Beitrag zur Erklärung, warum die Zahlen der Gambling Survey for Great Britain (GSGB) höher liegen als die Werte klassischer Gesundheitsumfragen.
Besonders relevant erscheinen zwei Faktoren: die klare thematische Ansprache in der Einladung und das Fehlen einer sozialen Komponente bei der Online-Erhebung.
Laut Studie können diese beiden Faktoren zusammen dazu führen, dass die PGSI-Werte um etwa fünf bis sechs Prozentpunkte höher ausfallen als bei einer gesundheitsbezogenen Einladung mit begleitender Interviewerpräsenz.
Wie groß der Unterschied im praktischen Vergleich ist, zeigt ein Blick auf die Adult Psychiatric Morbidity Survey (APMS) 2023/24. Dort, wo überwiegend in Präsenz befragt wurde, gaben nur 4 von 100 Erwachsenen Anzeichen für problematisches Spielen an. In der GSGB 2023 waren es dagegen etwa 14 von 100.
Nach Ansicht der UKGC geht diese Diskrepanz über das hinaus, was sich allein mit den gemessenen methodischen Effekten begründen lässt. Deshalb sollen die Leitlinien zur Interpretation der GSGB-Daten überarbeitet und künftige Resultate stärker im methodischen Kontext dargestellt werden.
Parallel dazu plant die Kommission weitere Vergleichsuntersuchungen mit gleichzeitigen Präsenzinterviews, um den nicht erklärten Teil der Unterschiede besser zu verstehen.
Quellen


